Klinkerfassaden

Der Klinker, ein Tongemisch aus feuerfesten und leicht schmelzbaren Bestandteilen, wird durch Sinterung bei Temperaturen von 1100 bis 1400 Grad Celsius gewonnen. Wegen seiner hohen Druckfestigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Laugen und Säuren wurde der Klinker im 19. Jahrhundert gerne im Straßen-, Kanal-, und Brückenbau eingesetzt. Durch Optimierung der Herstellungsmethoden gelang es der Ziegelindustrie, Backsteine von großer Homogenität und perfekter Gleichheit herzustellen, die in der Gründerzeit bei öffentlichen Bauten als Fassaden- / Ornamentmaterial Verwendung fand.

Die Ebenmäßigkeit solcher „Repräsentationsfassaden“ wurde von der „Neuen Sachlichkeit“ abgelehnt, und ihre Protagonisten ließen durch Einflussnahme auf den Brandprozess das Eigenleben der gesinterten Steine mit rauer und brüchiger Oberfläche sowie einem breiten Farbspektrum betonen und sahen dies als Ausdruck expressionistischer Experimentierfreudigkeit an. Oelsner erkannte die Möglichkeit, die dieses Material für das „farbige Bauen“ eröffnete. Da die Konstruktion der tragenden Außenwände aus der Hintermauerung einfacher Ziegelsteine, seltener auch aus Stahl- oder Stahlskelett bestand, deren Flächen es zu umhüllen galt, konnte er die Verkleidung ausführen, völlig befreit von den technischen Regeln tragender Mauerwerksverbände. Zur Horizontalgliederung seiner Fassaden ändert er für die ca. 1,5 m hohen „Brüstungsbänder“ zwischen Fenstersturz und Sohlbank des darüber liegenden Geschosses das Schichtenmaß. Indem er die einzelnen Steine nicht flach „liegend“, sondern „stehend“ vermauern ließ, entstand ein großformatiges Fugennetz dieser Mauersichtflächen. Um die Horizontalgliederung weiter zu  verstärken, versetzte er die Brüstungsbänder gegenüber den Fensterbänken um ca. 2 cm und führte sie manchmal auch in unterschiedlicher Farbe (13 Bahrenfelder Steindamm) aus.

Das Farbspektrum der Oelsner’schen Klinkerfassaden reichte von roten, blauvioletten, rotbraunen, grauen, grüngrauen, ockerfarbenen, graugelben, blauen, grünen bis hin zu ockergelben und braunen Tönen mit unterschiedlichen Verfugungen von rot über ocker bis zementfarben.