Zeitgenossen aus Altona und Hamburg

Das Wirken von Oelsner blieb nicht ohne Wirkung auf andere Architekten und Stadtplaner in Altona. Allerdings wurden seine gestalterischen Elemente nur zögerlich in Hamburg übernommen. „Auf Altonaer Gebiet wohnen viele Architekten, mit deren Namen die neue hamburgische Baugeschichte verknüpft ist, Schneider, Bensel, die Gebrüder Frank und Gerson, Ostermeyer, Elingius, Esselmann, u.a. Das Beispiel der Stadt, die mit mutigen Bauen in neuen Formen voranging hat den Weg für die Schaffenden schneller frei gemacht als an anderer Stelle“, (gemeint ist hier Hamburg; vgl. M. Becker, S….).
Im folgenden Abschnitt soll auch das Verhältnis von Fritz Schumacher zum „Neuen Bauen“ betrachtet werden, der wie Oelsner in Altona als Hamburger Oberbaudirektor das architektonische Erscheinungsbild der Nachbarstadt Hamburg prägte.

 

Gustav Oelsner im Vergleich zu Fritz Schumacher

Fritz Schumacher arbeitete seit 1909 als Leiter des Hochbauamtes in Hamburg und war von 1923 bis 1933 als Oberbaudirektor in Hamburg tätig. In dieser Zeit hat er Hamburg als Stadtplaner und Architekt entscheidend geprägt. Seine Werke umfassen besonders öffentliche Bauten: Schulbauten, Parkanlagen und die Planung von Wohnvierteln. Anders als Oelsner hat sich Schumacher durch umfangreiche Publikationen bekannt gemacht.

Die freundschaftlich verbundenen Kollegen Oelsner und Schumacher waren in ihrem Umgang mit der neuen Architektur genauso unterschiedlicher Auffassung wie es ihre Lebenshintergründe waren; neigte Schumacher zum Pathos, liebte Oelsner die Funktionalität seiner Gebäude. Schumacher residierte in einem großen Stadthaus an der Alster während Oelsner als Mieter in einem Altonaer Bürgerhaus lebte.

Sicherlich ist Schumacher als Oberbaudirektor mit seinen heimatstilistischen Klinkerbauten als konservativ zu bezeichnen. Er legt Wert auf „Bodenständigkeit und handwerkliche Qualität“ (Timm). Dies soll nicht bedeuten, dass Oelsner diese Qualität nicht zu schätzen weiß, jedoch stellen sich beide die handwerkliche Qualität beim Einsatz von Klinker gänzlich anders vor. Wo Oelsner die rauen Klinker bunt in farblicher Hinsicht aber auch ihrer Nutzung entsprechend sieht um die Fassade „Iebendig“ zu gestalten, möchte Schumacher durch einheitlichen, glatten Klinker ein vertrautes, nicht revolutionäres und dämpfendes, gediegeneres Bild erschaffen. Das „hanseatische“ Verständnis von Schumacher für das Bauen ist sicherlich ein Grund, warum sich das „Neue Bauen“ in Hamburg anfangs nicht so recht durchsetzen konnte.

Schumacher sah sich dagegen in Hamburg den traditionellen und tonangebenden Verbänden „Architekten- und Ingenieurverein Hamburg“ (AIV) und dem Landesverband „Bundes Deutscher Architekten“ (BDA) gegenüber. Er konnte also nicht so gestaltend wie Oelsner auftreten. In Hamburg herrschte das Interesse, möglichst vielen heimischen Architekten aus eigenen Reihen Aufträge zu ermöglichen. Es stellte meist nur die Grundstücke für den Wohnungsbau, die Bebauung wurde dann über Ausschreibungen an die besten Entwürfe von verschiedenen Architekten abgegeben. Schumacher konnte nur rahmengebend durch Bebauungspläne eingreifen und die Architektur somit nur bedingt beeinflussen. Die zeitgleich Mitte der 20 Jahre entstandenen Großprojekte Veddel unter der Leitung von Schumacher in Hamburg und Helmholtz- und Bunsenstraße von Oelsner in Altona haben daher sehr unterschiedliche Ausprägungen. Während Oelsner die Zeilenbauweise für das Wohnquartier favorisiert, baut Schumacher das Wohnviertel in traditioneller Blockrandbebauung. Schumacher konnte seine Architekturauffassung nur an öffentlichen Hochbauten realisieren. Auf Grund dieser verschiedenen Einflüsse und Kompetenzen konnte sich das „Neue Bauen“ in Altona stärker entwickeln als in Hamburg.

Oelsner hatte als Architekt weitreichende Kompetenzen beim kommunalen Wohnungsbau und bei einem Grossteil aller öffentlicher Bauaktivitäten in Altona. Mit der Gründung der SAGA wurde Oelsner Chefarchitekt für den kommunalen Wohnungsbau und konnte damit das Stadtbild erheblich mitprägen. Durch den Grossteil an kommunalen Bauten in Altona gab es für „freie“ Architekten nur wenige Möglichkeiten Aufträge zu bekommen. Oelsner konnte entscheiden, wer für die Stadt Aufträge ausführen konnte.

Mit dem Beginn des Schulbauprogramms ab 1929 sagt Schumacher das Wesen der neuen Gebäude voraus und öffnet sich damit den Einflüssen des Neuen Bauens:
„Was in diesen Bauten als Zielsetzung hervortritt ist das Streben nach sachlicher Schlichtheit, die nur wirken will durch Dreierlei: die rhythmischen Werte der Raumgestaltung im Äußeren, durch Farbe, zu der auch die Lichtwirkung mit ihrem Spiel von Hell und Dunkel zu rechnen ist, und durch die Qualität der Arbeit an denjenigen Stellen, wo die Funktion des Bauwerks zu einer handwerklichen Detaillierung führt…“(s. BR 16/1929). Die Funktion des Bauwerkes soll besonders verdeutlicht werden.
Mit dem Bau des heutigen Gymnasiums Alstertal in Hamburg-Fuhlsbüttel nähert er sich schon sehr der Bauweise von Oelsner an. Die Fassade ist durch hellen roten Klinker mit gelben Querachsen gestaltet. Schumacher verzichtete auf unnötige Verzierungen und stellte die Funktion in den Vordergrund. Zusammengefasste Fenstergruppen treten als ein typisches Element von Oelsner nun auch hier auf und der Wandel hin zum Flachdach macht die Veränderung bei Schumacher deutlich. Insgesamt sind also auch beim ehemals skeptischen Schumacher die Ideen des .Neuen Bauens. von Oelsner nicht ohne Wirkung geblieben und haben auch seine Beuten mitbestimmt.

 

Karl Schneider (1892-1945)

Schneider gilt als zweiter großer Protagonist des „Neuen Bauens“ neben Oelsner. Er arbeitete u.a. bei Walter Gropius, Peter Behrens und Fritz Höger bis er sich Mitte der 20 Jahre in Hamburg selbstständig machte. In der ersten Hälfte der 20er Jahre erzielte er noch keinen Erfolg. Erst in der zweiten Hälfte ergaben sich Aufträge und er konnte ein größeres Büro beschäftigen. 1930 bekam er eine Professur an der Landeskunstschule in Hamburg, jedoch wurde er 1933 von den Nationalsozialisten entlassen. Im Gegensatz zu Oelsner baute er viele Villen und erreichte damit eine ganz andere Bevölkerungsschicht, die ihn als Zukunftshoffnung für Hamburg sahen. Berühmt wurde er durch die Villa Michaelsen. Es folgten u.a. das Haus Römer der Kunstverein und auch Wohnblöcke in der Jarrestadt und in Barmbek-Nord. Schneider wurde zum führenden Vertreter des Neuen Bauens in Norddeutschland und versuchte das avantgardistische Bauen mit lokaler Bautradition zu verbinden.

 

Hermann (1871-1941) und Paul Frank (1878-1951)

Die Brüder Frank sind entscheidend an der Gestaltung des Dulsberges beteiligt gewesen. Ihre Laubenganghäuser (1928-1930) erregten internationales Interesse, wobei sie selber die Idee der Laubengänge aus England und Holland übernommen hatten. In diese Gebäude flossen